Oma erzähltWas ich meinen Enkeln sagen möchteWarum du niemals perfekt sein musst, um geliebt zu werden

Warum du niemals perfekt sein musst, um geliebt zu werden

Manchmal ist das größte Geschenk, das wir unseren Enkeln machen können, ein ehrlicher Blick auf unser eigenes Herz.

Wenn ich heute auf mein Leben zurückblicke, sehe ich viele Stationen, an denen ich dachte, ich müsste mehr sein. Schöner. Klüger. Geduldiger. Schlanker. Stärker. Einfach besser. Und doch gab es in meinem Leben einen Satz, der sich wie ein warmer Schal um meine Schultern gelegt hat – ganz besonders dann, wenn ich an mir selbst gezweifelt habe:

Du musst nicht perfekt sein, um geliebt zu werden.

Diese Erkenntnis kam nicht über Nacht. Sie war das Ergebnis vieler leiser Aha-Momente, vieler Gespräche, vieler Tränen – und letztlich vieler Umarmungen, die mir genau das gezeigt haben: Liebe ist kein Wettbewerb. Liebe ist ein Zuhause.

Die Illusion vom perfekten Leben

Du kennst das sicher auch: Instagram zeigt uns blitzblanke Wohnzimmer, makellose Haut, glückliche Paare mit perfekten Kindern und Hunde, die sogar lächeln können. Alles scheint so einfach und leicht. Aber weißt du was? Das ist eine Bühne. Kein echtes Leben. Ich sage dir das, weil ich zu oft diesem Trugbild selbst auf den Leim gegangen bin. Auch früher gab es schon Druck – er kam nur anders daher: aus Zeitschriften, Nachbarsblicken oder gut gemeinten Ratschlägen. Heute kommt er von überall.

 

Und genau dieser ständige Vergleich ist wie ein stiller Dieb. Er raubt uns die Freude an dem, was wir wirklich sind. An den kleinen Erfolgen. Den echten Lachern. Den Momenten, in denen nichts perfekt, aber alles echt ist.

Wir jagen einem Ideal hinterher, das es so gar nicht gibt. Und wenn wir es mal für einen kurzen Moment erreicht haben, merken wir: Es macht uns nicht unbedingt glücklicher. Es macht uns müde. Es lässt uns zweifeln, ob wir überhaupt je gut genug sind. Doch dieser Zweifel ist wie Nebel – er verzieht sich, sobald du beginnst, dir selbst ehrlich und freundlich zu begegnen.

Wahre Nähe entsteht in der Unvollkommenheit

Ich habe in meinem Leben viele Menschen kennengelernt. Und weißt du, welche Begegnungen mir am meisten im Herzen geblieben sind? Es waren nie die mit den scheinbar perfekten Leuten. Es waren die ehrlichen Momente. Die Tränen. Die schiefen Lacher. Die kleinen Pannen und großen Geständnisse.

Als meine beste Freundin mir damals erzählte, dass sie sich manchmal abends heimlich im Bad einschließt, um einfach kurz zu weinen – da fühlte ich mich ihr näher als je zuvor. Nicht, weil ich es gut fand, dass es ihr schlecht ging. Sondern weil sie mir gezeigt hat: Ich bin nicht allein mit meinen Zweifeln.

Ich erinnere mich auch an einen Moment in der U-Bahn, als eine fremde Frau neben mir plötzlich anfing zu schluchzen. Ich habe ihr einfach ein Taschentuch gereicht und nichts gesagt. Sie nickte nur. Und in diesem Nicken lag so viel Dankbarkeit, dass es mich tief berührte. Zwei Unbekannte, verbunden durch ein Gefühl. Ganz ohne Worte.

Echte Verbindung entsteht nicht durch Makellosigkeit. Sie entsteht durch Offenheit. Durch das Zulassen von Schwäche. Und durch das Mutigsein im Zeigen von Gefühlen.

Was ich selbst erst lernen musste

Vielleicht denkst du: „Aber Oma, du wirkst doch immer so stark.“ Ja, das sagen viele. Aber auch ich habe gekämpft – mit mir, mit Erwartungen, mit Ängsten. Es hat lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass Liebe nichts mit Leistung zu tun hat.

Ich erinnere mich an einen Moment, als ich als junge Mutter total überfordert war. Das Baby schrie, das Essen brannte an, und ich wollte einfach nur weglaufen. Und dann kam meine Mutter, sah das Chaos, setzte sich zu mir und sagte: „Du machst das gut. Auch wenn du heute nur überlebst – das reicht.“

Diese Worte habe ich nie vergessen. Denn sie haben mir gezeigt: Ich bin liebenswert. Nicht trotz, sondern wegen meiner Unvollkommenheit.

Später, als ich im Beruf unter Druck stand und alles unter einen Hut bringen wollte – Familie, Arbeit, Haushalt, Freundschaften – fühlte ich mich oft zerrissen. Und doch waren es immer wieder kleine Gesten, die mir halfen: Eine Freundin, die ungefragt eine Suppe brachte. Mein Sohn, der mir einfach die Hand hielt. Und das Lächeln meiner Tochter, als ich ihr sagte, dass ich heute mal nichts geschafft habe – außer für sie da zu sein.

Warum du dich nicht verbiegen musst

Es ist ein Trugschluss zu glauben, wir müssten uns verändern, um gemocht oder geliebt zu werden. Wer dich nur liebt, wenn du funktionierst, ist es nicht wert, dich zu lieben. Klingt hart, aber ist wahr.

Wahre Liebe – ob von einem Partner, einem Kind, einer Freundin oder später mal von deinen Enkeln – erkennt dich auch dann, wenn du selbst den Überblick verlierst. Sie sieht dein Herz. Und sie bleibt, auch wenn du gerade keine Hochglanzversion deiner selbst präsentieren kannst.

Ich habe Menschen erlebt, die ihr ganzes Leben damit verbrachten, es allen recht zu machen. Am Ende waren sie erschöpft – und fragten sich, wofür das alles. Dabei war das, was sie wirklich ausgemacht hat, längst da: ihre Herzenswärme, ihre Geduld, ihr Humor.

Die Menschen, die dich wirklich lieben, lieben dich nicht für deine perfekten Tage – sondern weil du du bist. Und genau das macht den Unterschied.

Was ich dir mitgeben möchte

Wenn du irgendwann das Gefühl hast, nicht gut genug zu sein, dann erinnere dich an diese Worte:

  • Du bist nicht auf der Welt, um zu glänzen. Sondern um zu leuchten – auf deine ganz eigene Weise.
  • Fehler sind keine Flecken. Sie sind Farben auf deiner Lebensleinwand.
  • Du musst niemandem etwas beweisen. Schon gar nicht dir selbst.

Und wenn dir jemand das Gefühl gibt, du müsstest mehr tun, mehr sein, mehr leisten – dann lächle freundlich und geh deinen eigenen Weg. Denn du allein weißt, wer du bist. Und das ist genug.

Vergiss nie: Jeder Mensch, der dich wirklich liebt, liebt auch deine Schwächen. Weil sie dich menschlich machen. Weil sie zeigen, dass du dich traust, echt zu sein.

Was meine Enkelkinder von mir lernen sollen

Ich wünsche mir so sehr, dass du dich selbst mit liebevollen Augen sehen kannst. Dass du dich morgens im Spiegel nicht fragst: „Was stimmt heute nicht mit mir?“ – sondern dir zulächelst und sagst: „Schön, dass du da bist.“

Ich wünsche dir Menschen, die dich halten, wenn du fällst. Und dass du irgendwann erkennst: Gerade in den Momenten, in denen du schwach bist, wächst deine Stärke.

Ich wünsche dir Mut zur Ehrlichkeit. Auch dann, wenn du dich verletzlich fühlst. Denn genau dann bist du am mutigsten.

Ich wünsche dir auch die Fähigkeit, über dich selbst zu lachen. Nicht aus Spott, sondern aus Liebe. Denn wer lacht, gibt sich Raum zum Wachsen.

Und ich wünsche dir, dass du dich nie, nie, nie kleiner machst, nur um anderen zu gefallen. Du bist nicht hier, um dich zu verbiegen – du bist hier, um zu wachsen, zu lernen und zu leuchten.

Zum Schluss: Du bist genug

Wenn du irgendwann einmal Kinder oder Enkel hast, wirst du sehen: Sie schauen nicht auf deine Frisur. Nicht auf deinen Kontostand. Nicht darauf, wie oft du alles richtig gemacht hast. Sie schauen in dein Herz.

Und sie lieben dich. Nicht, weil du perfekt bist.

Sondern weil du da bist. Mit all deiner Wärme, deinen Fehlern, deinem Lachen und deiner Geschichte.

 

Und weißt du was? Das reicht. Es reicht wirklich. Und es macht dich wunderbar.

Und genau das macht dich so unendlich liebenswert.

Bleib so, wie du bist – nicht, weil du schon fertig bist, sondern weil du auf dem Weg bist. Und das ist das größte Geschenk, das du der Welt machen kannst: dich selbst, ehrlich und ganz.

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