Familie & BeziehungenGroßmutterrolle heuteWarum ich mich als Oma nicht nur um die Enkel drehe

Warum ich mich als Oma nicht nur um die Enkel drehe

Liebe geben, ja – aber mich selbst dabei nicht verlieren.

Als ich Oma wurde, war ich überglücklich. Ein kleines Wesen kam in unsere Familie, und ich spürte sofort diese tiefe, ursprüngliche Liebe. Ich war bereit, mich einzubringen, zu helfen, da zu sein. Und doch habe ich von Anfang an gespürt: Ich bin mehr als „nur“ die Oma. Ich bin Frau. Freundin. Mutter. Ich habe Träume, Interessen, eigene Bedürfnisse. Und genau deshalb dreht sich mein Leben nicht ausschließlich um meine Enkel – auch wenn ich sie von ganzem Herzen liebe.

Der erste Moment: Als ich erfuhr, dass ich Oma werde

Es war ein stiller, schöner Moment, als meine Tochter mir sagte, dass sie schwanger ist. Ich erinnere mich noch an das Kribbeln, die Rührung, das Glück in meinem Herzen. Gleichzeitig kamen Gedanken: Was erwartet man jetzt von mir? Werde ich eine Oma „rund um die Uhr“ sein müssen? Und – will ich das überhaupt?

 

Ich wollte nicht nur funktionieren. Nicht einfach eine Rolle übernehmen, ohne zu spüren, wo ich selbst bleibe. Ich wollte dabei sein, aber auf meine Art. Und das bedeutete, erst einmal herauszufinden, wie Oma-Sein für mich persönlich aussieht.

Erwartungen klären – auch meine eigenen

Es ist erstaunlich, wie schnell sich Rollenbilder festsetzen. Noch bevor das Baby da war, hörte ich Sätze wie: „Jetzt kannst du dich ja bald voll austoben als Oma!“ oder „Dann bist du ja bald ständig im Einsatz.“ Ich lächelte – aber innerlich fragte ich mich: Warum eigentlich?

Ich habe mein Leben nie darauf ausgerichtet, alles für andere aufzugeben. Ich habe gerne gegeben – aber auch gelernt, Grenzen zu setzen. Und genau das wollte ich beibehalten. Ich sprach früh mit meiner Tochter darüber: Ich bin da. Aber ich bin nicht die Alltagsbetreuung. Ich möchte Oma sein, nicht Erzieherin. Und ich brauche auch weiterhin Zeit für mich.

Zwischen Hingabe und Selbstachtung

Das war nicht immer einfach. Gerade in den ersten Monaten wollte ich helfen, wo ich nur konnte. Ich war da, wenn meine Tochter erschöpft war. Ich kochte, hielt das Baby, wusch mal eine Ladung Wäsche. Aber ich achtete auch darauf, dass mein Tag nicht komplett durch ihre Bedürfnisse bestimmt wurde.

Ich begann, mir bewusst Zeitfenster zu nehmen, in denen ich nicht zur Verfügung stand. Das bedeutete manchmal, „Nein“ zu sagen. Oder einen Spaziergang vorzuziehen, obwohl ich auch hätte babysitten können. Es fühlte sich anfangs ungewohnt an – aber es war wichtig. Denn ich wusste: Wenn ich mich selbst verliere, habe ich bald nichts mehr zu geben.

Mein Leben bleibt mein Leben

Ich bin eine leidenschaftliche Leserin. Ich liebe es, mit meiner Freundin Kaffee trinken zu gehen, kleine Ausflüge zu machen, ins Kino zu gehen. All das wollte ich nicht aufgeben. Auch als Oma darf ich Dinge tun, die nichts mit Familie zu tun haben. Ich darf unterwegs sein, träumen, lachen – ganz unabhängig von meiner Großmutterrolle.

Und: Ich darf Pläne machen, die nicht auf die Enkel Rücksicht nehmen. Ich buche Reisen, ohne vorher zu fragen, ob ich gebraucht werde. Ich melde mich zum Yogakurs an, ohne mir Sorgen zu machen, ob ich in der Zeit babysitten sollte. Mein Leben ist nicht auf Abruf – und das zu erkennen, war ein wichtiger Schritt.

Kein schlechtes Gewissen mehr

Anfangs hatte ich manchmal ein schlechtes Gewissen. Wenn ich „nein“ sagte. Wenn ich nicht zur Verfügung stand. Wenn ich mich bewusst für mich entschied und nicht für die Familie. Aber je mehr ich zu mir selbst stand, desto mehr verschwand dieses Gefühl.

Ich habe erkannt: Ich bin nicht egoistisch. Ich bin achtsam. Und ich darf Prioritäten setzen. Ich darf mich wichtig nehmen – auch als Oma. Gerade weil ich für meine Enkel da sein will, muss ich mir meine Kraft gut einteilen.

Die Beziehung zu meinen Enkeln – ehrlich und tief, auch ohne ständige Präsenz

Manchmal habe ich befürchtet: Wenn ich nicht dauernd da bin, baue ich keine enge Beziehung zu meinen Enkeln auf. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die Zeiten, die wir gemeinsam verbringen, sind umso intensiver. Ich bin präsent. Ich bin ganz da. Ich höre zu, spiele, lache, erzähle Geschichten.

Wir haben Rituale. Unsere Treffen sind kleine Highlights. Wir haben feste Oma-Zeiten, auf die wir uns beide freuen. Und: Ich bin keine Ersatz-Mama. Ich bin die Oma. Und das ist etwas ganz Besonderes.

Rollenverständnis heute: Die moderne Oma lebt vielseitig

Oma-Sein heute sieht anders aus als früher. Wir leben länger, gesünder, aktiver. Wir haben ein erfülltes eigenes Leben – und das ist keine Schwäche, sondern eine Stärke. Unsere Enkel erleben uns als selbstständige, lebendige Frauen. Wir gehen mit ihnen spazieren – aber auch ins Theater. Wir bringen ihnen bei, wie man backt – aber auch, wie man sich Zeit für sich nimmt.

Und wir zeigen ihnen: Dass Liebe nicht nur bedeutet, immer verfügbar zu sein. Sondern auch, ehrlich und klar zu sein. Dass man sich selbst wichtig nehmen darf. Und dass Fürsorge kein Aufgeben der eigenen Wünsche bedeutet.

Wenn andere irritiert sind…

Natürlich gibt es immer wieder Kommentare. Von Bekannten, Nachbarn oder sogar aus der Familie. „Du warst schon wieder nicht da?“ oder „Früher war das aber anders.“ Ich höre das – und lasse es los. Ich muss niemandem etwas beweisen. Ich weiß, was ich gebe. Und ich weiß, was ich brauche, um weitergeben zu können.

Diese innere Klarheit kam nicht von heute auf morgen. Aber sie ist da. Und sie gibt mir Ruhe. Ich vergleiche mich nicht. Ich orientiere mich nicht an alten Rollenbildern. Ich bin meine eigene Version einer Großmutter – und genau so soll es sein.

Die Vorteile für alle – wenn Oma auch mal Pause macht

Seit ich mich klarer abgegrenzt habe, ist vieles besser geworden. Ich bin entspannter. Die Familie weiß, woran sie ist. Meine Tochter weiß: Wenn ich da bin, bin ich mit vollem Herzen da. Und wenn nicht, dann ist das kein Liebesentzug – sondern Fürsorge für mich selbst.

Die Enkel lernen, dass Oma auch Bedürfnisse hat. Dass nicht immer alles sofort möglich ist. Und dass das völlig in Ordnung ist. Ich bin überzeugt: Das ist ein wichtiger Baustein für gesunde Beziehungen. Auch Kinder dürfen erfahren, dass Erwachsene Grenzen haben – liebevolle, klare, gesunde Grenzen.

Was ich meinen Enkeln mitgeben will

Ich wünsche mir, dass meine Enkel einmal sagen: „Oma war voller Leben.“ Ich möchte ihnen zeigen, dass das Leben bunt ist. Dass man sich ausprobieren darf. Dass man sich selbst vertrauen kann. Dass Liebe auch in einem „nein“ stecken kann.

Ich möchte mit ihnen lachen, tanzen, diskutieren. Ich will ihnen vorleben, wie wichtig es ist, gut für sich selbst zu sorgen. Und ich will sie ermutigen, selbst ihren Weg zu gehen – frei von Erwartungen anderer.

Fazit: Ich liebe meine Enkel – und mich selbst auch

Oma zu sein ist eine große Bereicherung. Es erfüllt mich mit Liebe, Freude und Dankbarkeit. Aber es definiert mich nicht vollständig. Ich bin mehr als diese eine Rolle. Und genau das macht mich stark – auch als Großmutter.

Ich liebe meine Familie – aber ich liebe auch mein Leben. Und das eine muss das andere nicht ausschließen. Im Gegenteil: Es ergänzt sich wunderbar, wenn die Balance stimmt.

 

Deshalb dreht sich mein Leben nicht nur um die Enkel. Es dreht sich auch um Bücher, Spaziergänge, Freundschaften, Reisen, Musik, Stille, Entwicklung, Neugier – und um mich.

Denn wenn ich gut für mich sorge, kann ich auch gut für andere da sein. Und das ist, finde ich, die schönste Art, Oma zu sein.

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